Im Blinzeln der großen Katze

Fiction & Literature, Literary
Cover of the book Im Blinzeln der großen Katze by Hans Fallada, Books on Demand
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Author: Hans Fallada ISBN: 9783746059099
Publisher: Books on Demand Publication: December 13, 2017
Imprint: Language: German
Author: Hans Fallada
ISBN: 9783746059099
Publisher: Books on Demand
Publication: December 13, 2017
Imprint:
Language: German

An die Schmalseite des Hauses stößt der Garten. Zwischen zwei Weidenbäumen ist die Lattentür; durch sie trete ich, und nun bin ich im Garten, einem bäuerlichen Garten, in dessen buchsgesäumten Beeten allerlei Gemüse wächst: Spinat, Kohlrabi, Erbsen, Bohnen, und da und dort ist der Salat schon geschossen. Haselsträucher, das Summen eines Bienenstandes. Der Weg wird enger zwischen Flieder, Jasmin, Jelängerjelieber; hier sind Blumenbeete gewesen, aber die Rosen sind erfroren, und Tulpen wie Vergißmeinnicht sind von Majoran und Dill verdrängt. Kein aufregender Garten, nichts Liebliches, nein, ein Nutzgarten, in dem der Bauer abends noch eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen sitzt. Ich sitze dort nicht: es ist nur ein Schritt, ein Schritt vom Wege durch die Büsche hindurch. Und ich bin auf einer Parkwiese, auf der verwunschenen Wiese eines verzauberten Parks. Der unbeschnittene Weißdorn wuchert wild in den Himmel hinein, die Bäume sind mit dem Gebüsch ein wenig zurückgetreten, um dem Gras Platz zu machen, in dem Tausendschönchen und Tulpen und Rittersporn und die blaue Iris wurzeln. Hier - ruhest du - singt die Sonne, die Bienen summen viel lauter, und die durchs Geäst schlüpfenden Vögel sehen dich mit ihren Augen blank an und frei. Dies ist der andere Garten, der Blühegarten, der Duftgarten mit Zauberei, einen Schritt vom Wege ab. In dem Bauerngarten habe ich lange gelebt, ewige Jahre, im Garten des Rauschs einen Tag. Gut, dort habe ich geschlafen und geträumt, einen Tag. Bereuen? Und wenn ich es mit dem Tode bezahlen muß, wie sie sagen, bereuen? Kerlchen, ich sage dir: ein lebenslänglich Verurteilter lag in dunkler Zelle, viele Jahre lang. Das Wasser tropfte auf seine Hand, die er nicht sah, das war die Interpunktion seiner Zeit; die Schlüssel des Wärters klirrten einmal und dann in endloser Schwärze lange nicht, das war der Sabbat seines Ohrs. Dieser Gefangene erhob sich eines Tages und erschlug den Wärter. Er ging durch seine Tür und einen Gang, und er tat eine andere Tür auf, und der blühende Sommer sprang ihm ins Gesicht und auf seine Brust. Der Gefangene fiel auf seine Knie, und er segnete die Sonne und das Himmelsblau, die flatternden Flügel der kleinen Vögel segnete er und die nickenden Blütenkelche. Dort ergriffen sie ihn, den auf den Knien Segnenden, sie taten ihn wieder in seine Zelle und setzten ein Gericht über ihn, das ihn vom Leben sprach. Er saß im Dunkeln, das Tropfen des Wassers hörte er nicht, nun kühlte der goldschimmernde Fittich des ...

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An die Schmalseite des Hauses stößt der Garten. Zwischen zwei Weidenbäumen ist die Lattentür; durch sie trete ich, und nun bin ich im Garten, einem bäuerlichen Garten, in dessen buchsgesäumten Beeten allerlei Gemüse wächst: Spinat, Kohlrabi, Erbsen, Bohnen, und da und dort ist der Salat schon geschossen. Haselsträucher, das Summen eines Bienenstandes. Der Weg wird enger zwischen Flieder, Jasmin, Jelängerjelieber; hier sind Blumenbeete gewesen, aber die Rosen sind erfroren, und Tulpen wie Vergißmeinnicht sind von Majoran und Dill verdrängt. Kein aufregender Garten, nichts Liebliches, nein, ein Nutzgarten, in dem der Bauer abends noch eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen sitzt. Ich sitze dort nicht: es ist nur ein Schritt, ein Schritt vom Wege durch die Büsche hindurch. Und ich bin auf einer Parkwiese, auf der verwunschenen Wiese eines verzauberten Parks. Der unbeschnittene Weißdorn wuchert wild in den Himmel hinein, die Bäume sind mit dem Gebüsch ein wenig zurückgetreten, um dem Gras Platz zu machen, in dem Tausendschönchen und Tulpen und Rittersporn und die blaue Iris wurzeln. Hier - ruhest du - singt die Sonne, die Bienen summen viel lauter, und die durchs Geäst schlüpfenden Vögel sehen dich mit ihren Augen blank an und frei. Dies ist der andere Garten, der Blühegarten, der Duftgarten mit Zauberei, einen Schritt vom Wege ab. In dem Bauerngarten habe ich lange gelebt, ewige Jahre, im Garten des Rauschs einen Tag. Gut, dort habe ich geschlafen und geträumt, einen Tag. Bereuen? Und wenn ich es mit dem Tode bezahlen muß, wie sie sagen, bereuen? Kerlchen, ich sage dir: ein lebenslänglich Verurteilter lag in dunkler Zelle, viele Jahre lang. Das Wasser tropfte auf seine Hand, die er nicht sah, das war die Interpunktion seiner Zeit; die Schlüssel des Wärters klirrten einmal und dann in endloser Schwärze lange nicht, das war der Sabbat seines Ohrs. Dieser Gefangene erhob sich eines Tages und erschlug den Wärter. Er ging durch seine Tür und einen Gang, und er tat eine andere Tür auf, und der blühende Sommer sprang ihm ins Gesicht und auf seine Brust. Der Gefangene fiel auf seine Knie, und er segnete die Sonne und das Himmelsblau, die flatternden Flügel der kleinen Vögel segnete er und die nickenden Blütenkelche. Dort ergriffen sie ihn, den auf den Knien Segnenden, sie taten ihn wieder in seine Zelle und setzten ein Gericht über ihn, das ihn vom Leben sprach. Er saß im Dunkeln, das Tropfen des Wassers hörte er nicht, nun kühlte der goldschimmernde Fittich des ...

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