Sein letzter Tag

Die letzten Stunden von Conrad Blenkle

Fiction & Literature, Military, Historical
Cover of the book Sein letzter Tag by Heinz Kruschel, EDITION digital
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Author: Heinz Kruschel ISBN: 9783956551208
Publisher: EDITION digital Publication: October 26, 2014
Imprint: EDITION digital Language: German
Author: Heinz Kruschel
ISBN: 9783956551208
Publisher: EDITION digital
Publication: October 26, 2014
Imprint: EDITION digital
Language: German

Conrad Blenkle an sein Kind: 'Ich muß von Dir scheiden, lebe wohl! Ich habe den letzten Nachmittag verlebt und gehe dem Ende ruhig entgegen. Als Kämpfer habe ich gelebt und werde als Kämpfer sterben. Für eine Idee eintreten zu können, ist eine große, ehrenvolle Sache. Das gibt mir Kraft bis zum letzten. Du bist der Mensch, der mir am nächsten steht. Deine Liebe und Verehrung waren für mich das Wertvollste. Wenn ich mein Leben rückschauend betrachte und Bilanz ziehe, so kann ich im großen und ganzen zufrieden sein. Aber auch ich war ein Mensch mit Schwächen und Fehlern. Trotz alledem weiß ich, dass mein Leben wertvoll war und ich Nützliches geleistet habe. Meine letzte Mahnung an Dich ist: Handle immer verantwortungsbewusst, arbeite unablässig an Deiner Vervollkommnung, schone Dich nie, wenn es um Großes geht und Du Dich einsetzen musst! Lebe wohl und denke immer an Deinen Dich innig liebenden Vater.' Der letzte Tag vor der Hinrichtung von Conrad Blenkle, Funktionär des Kommunistischen Jugendverbandes. Er arbeitete in der Nazizeit illegal in Deutschland, Dänemark, Holland und in der Schweiz. LESEPROBE: Conrad schrak nicht zusammen, als sich die Tür wieder öffnete und Poelchau hereintrat. 'Lassen Sie sich durch mich nicht stören, ich setze mich still hin und lese, aber sie kontrollieren die Zellen, Sie dürfen ungefesselt nicht allein sein.' 'Dann lassen Sie mich wieder fesseln.' 'Bin ich Ihnen so zuwider, Herr Blenkle?' Conrad lächelte. 'Entschuldigen Sie, Doktor, bleiben Sie hier, Sie stören mich nicht mehr, ich bin darüber hinweg.' Er aß wieder eine Scheibe Brot und trank einen Schluck Tee. Es lag ihm fern, Poelchau zu beleidigen, der Pfarrer war ein tapferer Mann, der viel für die Todgeweihten riskierte. 'Sie schreiben noch nicht? Ich finde das nicht überraschend, ich habe so viele Menschen in den letzten Stunden ihres Lebens kennengelernt, und viele, die hier sterben mussten, haben nicht dumpf geschlafen vorher oder sich betäubt oder getobt und geschrien, das habe ich früher bei kriminellen Häftlingen erlebt, Sie sind von anderer Art, Sie und Ihre Freunde haben viel Kraft und holen sich nicht den Zuspruch eines andern, nein, Bestätigung und Zuspruch werden aus dem eigenen Leben entnommen, meine Hochachtung, Herr Blenkle, entschuldigen Sie ...' Der Pfarrer, verlegen die letzten Worte murmelnd, vertiefte sich in die Bibel. 'Sie ... geben mir selber ... viel, Blenkle.'

Heinz Kruschel, 1929-2011, Sohn eines Bergmanns und späteren kaufmännischen Angestellten der Staßfurter Salzbergwerke, entging nur knapp dem für seine Generation typischen Schicksal, im finalen Aufgebot der letzten Kriegstage - dem "Volkssturm" - verheizt zu werden. Noch ehe er seine Modelltischlerlehre beendet hatte, beschloss die Partei, in die er jung eingetreten war, dass er Neulehrer zu werden habe, und ließ ihn 1949/50 am Lehrerbildungsinstitut in Staßfurt studieren. Anschließend war er Lehrer in Sandersdorf - den Schülern jeweils ein Kapitel im Lehrbuch voraus -, danach in Magdeburg und Egeln sowie Direktor einer Erweiterten Oberschule in Havelberg. Nach einem berufsbegleitenden Fernstudium der Germanistik war er Journalist und Kulturredakteur bei der "Volksstimme" in Magdeburg. Ab 1963 lebte er als freier Schriftsteller in Magdeburg, bereiste im Auftrag von Illustrierten wie der "Für dich" Ungarn, Bulgarien, Usbekistan und Kuba und schrieb zahlreiche Erzählungen und Romane für Jugendliche und Erwachsene. Sein Roman "Das Mädchen Ann und der Soldat" wurde 25 Jahre lang immer wieder neu aufgelegt, während Bücher wie "Der Mann mit den vielen Namen" oder "Leben. Nicht allein" erst nach erbitterten Auseinandersetzungen mit jenen Behörden, die Literatur zu genehmigen hatten, erscheinen durften. Sein Roman "Gesucht wird die freundliche Welt", der als erster in der DDR das Thema des Umgangs mit straffällig gewordenen Jugendlichen thematisierte, wurde 1978 von Erwin Stranka unter dem Titel "Sabine Wulff" verfilmt. Auszeichnungen: Erich-Weinert-Preis der Stadt Magdeburg Theodor-Körner-Preis Banner der Arbeit Literaturpreis des FDGB Vaterländischer Verdienstorden

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Conrad Blenkle an sein Kind: 'Ich muß von Dir scheiden, lebe wohl! Ich habe den letzten Nachmittag verlebt und gehe dem Ende ruhig entgegen. Als Kämpfer habe ich gelebt und werde als Kämpfer sterben. Für eine Idee eintreten zu können, ist eine große, ehrenvolle Sache. Das gibt mir Kraft bis zum letzten. Du bist der Mensch, der mir am nächsten steht. Deine Liebe und Verehrung waren für mich das Wertvollste. Wenn ich mein Leben rückschauend betrachte und Bilanz ziehe, so kann ich im großen und ganzen zufrieden sein. Aber auch ich war ein Mensch mit Schwächen und Fehlern. Trotz alledem weiß ich, dass mein Leben wertvoll war und ich Nützliches geleistet habe. Meine letzte Mahnung an Dich ist: Handle immer verantwortungsbewusst, arbeite unablässig an Deiner Vervollkommnung, schone Dich nie, wenn es um Großes geht und Du Dich einsetzen musst! Lebe wohl und denke immer an Deinen Dich innig liebenden Vater.' Der letzte Tag vor der Hinrichtung von Conrad Blenkle, Funktionär des Kommunistischen Jugendverbandes. Er arbeitete in der Nazizeit illegal in Deutschland, Dänemark, Holland und in der Schweiz. LESEPROBE: Conrad schrak nicht zusammen, als sich die Tür wieder öffnete und Poelchau hereintrat. 'Lassen Sie sich durch mich nicht stören, ich setze mich still hin und lese, aber sie kontrollieren die Zellen, Sie dürfen ungefesselt nicht allein sein.' 'Dann lassen Sie mich wieder fesseln.' 'Bin ich Ihnen so zuwider, Herr Blenkle?' Conrad lächelte. 'Entschuldigen Sie, Doktor, bleiben Sie hier, Sie stören mich nicht mehr, ich bin darüber hinweg.' Er aß wieder eine Scheibe Brot und trank einen Schluck Tee. Es lag ihm fern, Poelchau zu beleidigen, der Pfarrer war ein tapferer Mann, der viel für die Todgeweihten riskierte. 'Sie schreiben noch nicht? Ich finde das nicht überraschend, ich habe so viele Menschen in den letzten Stunden ihres Lebens kennengelernt, und viele, die hier sterben mussten, haben nicht dumpf geschlafen vorher oder sich betäubt oder getobt und geschrien, das habe ich früher bei kriminellen Häftlingen erlebt, Sie sind von anderer Art, Sie und Ihre Freunde haben viel Kraft und holen sich nicht den Zuspruch eines andern, nein, Bestätigung und Zuspruch werden aus dem eigenen Leben entnommen, meine Hochachtung, Herr Blenkle, entschuldigen Sie ...' Der Pfarrer, verlegen die letzten Worte murmelnd, vertiefte sich in die Bibel. 'Sie ... geben mir selber ... viel, Blenkle.'

Heinz Kruschel, 1929-2011, Sohn eines Bergmanns und späteren kaufmännischen Angestellten der Staßfurter Salzbergwerke, entging nur knapp dem für seine Generation typischen Schicksal, im finalen Aufgebot der letzten Kriegstage - dem "Volkssturm" - verheizt zu werden. Noch ehe er seine Modelltischlerlehre beendet hatte, beschloss die Partei, in die er jung eingetreten war, dass er Neulehrer zu werden habe, und ließ ihn 1949/50 am Lehrerbildungsinstitut in Staßfurt studieren. Anschließend war er Lehrer in Sandersdorf - den Schülern jeweils ein Kapitel im Lehrbuch voraus -, danach in Magdeburg und Egeln sowie Direktor einer Erweiterten Oberschule in Havelberg. Nach einem berufsbegleitenden Fernstudium der Germanistik war er Journalist und Kulturredakteur bei der "Volksstimme" in Magdeburg. Ab 1963 lebte er als freier Schriftsteller in Magdeburg, bereiste im Auftrag von Illustrierten wie der "Für dich" Ungarn, Bulgarien, Usbekistan und Kuba und schrieb zahlreiche Erzählungen und Romane für Jugendliche und Erwachsene. Sein Roman "Das Mädchen Ann und der Soldat" wurde 25 Jahre lang immer wieder neu aufgelegt, während Bücher wie "Der Mann mit den vielen Namen" oder "Leben. Nicht allein" erst nach erbitterten Auseinandersetzungen mit jenen Behörden, die Literatur zu genehmigen hatten, erscheinen durften. Sein Roman "Gesucht wird die freundliche Welt", der als erster in der DDR das Thema des Umgangs mit straffällig gewordenen Jugendlichen thematisierte, wurde 1978 von Erwin Stranka unter dem Titel "Sabine Wulff" verfilmt. Auszeichnungen: Erich-Weinert-Preis der Stadt Magdeburg Theodor-Körner-Preis Banner der Arbeit Literaturpreis des FDGB Vaterländischer Verdienstorden

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